Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung
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Europa - Quo vadis? EU-Fachmann Hans-Joachim Gottschalk wirbt für ein Europa als Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft

Europa ein Irrweg? Hans-Joachim Gottschalk sagt ganz klar: „Nein. Im Gegen­teil!“ Seine Botschaft lautet: Das europäische Zusammen­wachsen ist richtig und gut. Nicht nur deshalb, weil es nach Einführung des Euro und Abschaffung der Grenzen kein Zurück mehr gebe. Das sei zwar richtig, sagt der 70-jährige pro­movierte Jurist aus Wilhelms­haven. Aber dazu kämen Chan­cen und Möglichkeiten der neuen Gemeinschaft. Davon wolle er auch den Mitgliedern der katholischen Sozi­alverbände der Stadt Olden­burg bei ihrer traditionellen Gemeinschaftsveranstaltung überzeugen. Zu der kommen KKV, Kolping und KAB einmal im Jahr zusammen. Wie in der vergangenen Woche im Begeg­nungszentrum der Sankt-Ma-rien-Gemeinde.

Dort sprach der pensionierte Beamte zur Zukunft Europas. Er gehört zum KKV und ist aus­gewiesener Fachmann auf dem Gebiet. Als EU-Berater beglei­tete er Bulgarien und Litauen auf dem Weg in die Gemein­schaft. In einem Vorgespräch mit Kirche+Leben umriss er seine wichtigsten Thesen: So müsse die EU heute in erster Linie eine Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft bil­den. Gemeinsame Werte wür­den immer wichtiger. Denn die neue Gemeinschaft sie längst nicht mehr das christlich ge­prägte Kerneuopa von einst. „Und wenn zum Beispiel die Türkei hinzu käme, hätten wir einen riesigen islamischen Block, der an diese Tradition dann nicht mehr anknüpft“, so Gottschalk.

Daher komme es darauf an, sich auf neue gemeinsame Werte zu verständigen, nach denen alle Staaten leben. Etwa Demokratie, Religionsfreiheit oder Minderheitenschutz.

Die EU habe sich gerade in der Aufbruchphase der vergan­genen Jahrzehnte überfordert. „Mit zu schnellen Beitritten von Ländern, die diese Werte bis heute nicht richtig verkör­pern.“ Zum Beispiel Länder mit einem hohen Anteil von Korruption und mangelnder Unabhängig­keit der Justiz. Hans-Joachim Gottschalk plädiert für eine „nachholende Konsolidierung“. „Wir müssen verschärft darauf achten, dass diese Länder dem europäischen Standard gerecht werden.“ Damit die EU sich als Wertegemeinschaft innerlich festige. Auch müsse vor Neuaufnah­men künftig sorgfältiger ge­prüft werden. Man müsse fra­gen, wie in neuen Mitgliedslän­dern mit unabhängiger Justiz, Minderheitenschutz oder Reli­gionsfreiheit umgegangen werde. Ähnliches gelte für die Wirt­schafts- und Währungsunion. „Wir müssen da natürlich eine Schuldenbremse oder eine Ban­kenunion verankern. Ohne eine abgestimmte Wirtschaftspolitik wird man auch keine gemein­same Währung haben können“, so Gottschalk.

Trotz anstehender Aufgaben - für ihn überwiegen beim Thema Europa Chancen und Möglichkeiten. „Meine Bot­schaft an die katholischen Ver­bände ist deshalb: Lasst Euch nicht die Lufthoheit über den Stammtischen wegnehmen!“ Ein Zurück sei keine Alternative. „Was soll das bedeuten: Zurück zu Natio­nalstaaten? Das kann es nicht sein.“ Die Ent­scheidung für Europa sei eine rich­tige und gute Entscheidung.