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Zur Geschichte des Verbandes KKV (Teil 1) |
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Das Jahr 1848 ist der Beginn neuer katholischer Aktivität im aufblühenden katholischen Vereinsleben. Die geruhsame Zeit wirtschaftlicher Abgeschlossenheit und reiner Zunftherrlichkeit war dahin. Der Industrialismus und der Großbetrieb lösten Bindungen, die bis dahin Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenhielten, die Technisierung des Verkehrs revolutionierte den Handel, wirtschaftliche und soziale Fragen kämpften um ihre Anerkennung in der herkömmlichen Kabinettspolitik. Karl Marx und seine Bewegung erfassten in kurzer Zeit große Scharen wirtschaftlich abhängiger Menschen. Die heraufziehende neue soziale Situation wurde schon früh von den Führern und Schriftstellern des katholischen Deutschland gesehen. Im süddeutschen Raum überwiegt die Auffassung, dass durch Weckung der sittlichen Kräfte allein, sowohl beim Arbeitnehmer wie beim Arbeitgeber, die Überwindung der sozialen Not gewährleistet sei. Dieser mehr romantischen Auffassung steht im Norden, besonders im Rheinland, ein Realismus gegenüber, der betont, dass staatliche Gesetzgebung Not tue, die auf den Schutz des bodenständigen Handwerks und des Kleinbetriebes, ferner auf die Zusammenfassung aller Schaffenden in der Landwirtschaft auf genossenschaftlicher Grundlage abzielt. Die Gründung des Gesellenvereins durch Adolf Kolping ist ein wesentlicher Markstein in der Entwicklung eines sozial aktiven Katholizismus. Bedeutender aber für die Gründung des KKV und seiner geistigen Ziele ist eine andere überragende Gestalt des damaligen deutschen Katholizismus, der Bischof von Mainz, Emmanuel Freiherr von Ketteler. Dieser kommt nach sozialpolitischen Studien zu der Überzeugung, dass die großbetriebliche Wirtschaft und der Kapitalismus vorerst eine endgültige Erscheinung sind, mit der sich jeder Sozialtheoretiker und Seelsorger abzufinden hat, und dass die soziale Frage eine Frage der Gerechtigkeit, nie der Barmherzigkeit allein, ist. Auf der Bischofskonferenz in Fulda 1869 legt er das erste katholische sozialpolitische Programm vor, dass von der Erkenntnis ausgeht, dass die Verdrängung des bestehenden Wirtschaftssystems durch ein anderes aussichtslos ist und nichts anderes zu tun ist, als die schlimmsten Mängel und Missstände durch sozialpolitische Maßnahmen aufzuheben.
Bei der Gründung des Verbandes KKV vom 8. bis 10. September 1877 in Mainz waren die Kaufmännischen Kongregationen ein wesentlicher Bestandteil in dem neuen Verbande. Schon seit dem 25. Juni 1865 bestand der „Verband marianischer Kongregationen für junge Kaufleute“, zu dem die Kongregationen von Aachen, Köln, Münster, Mainz, Paderborn, Bonn, Freiburg, Koblenz, Düsseldorf, Düren und Mülheim gehörten. Das Ziel dieser Kongregationen bestand besonders in der Pflege des religiösen Lebens und im religiösen Apostolat. Berufliche Fragen wurden nicht besonders erörtert. Immer mehr wurde deutlich, dass das Aufgabengebiet der Kongregationen der Wirklichkeit nicht gerecht wurde und eine stärkere Beachtung der beruflichen und sozialen Belange notwendig war. Die Mainzer Gründungsversammlung empfiehlt die Gründung marianischer Kongregationen an allen Orten, wo solche noch nicht bestehen, die Gründung katholischer kaufmännischer Vereine überall dort, wo solche zweckdienlich erscheinen, darüber hinaus wird aber sofort die Errichtung eines Zentralbüros für Stellenvermittlung beschlossen. Damit zeigt der neue Verband, dass er den beruflichen Belangen von vornherein eine stärkere Beachtung entgegenbringt. Gründer des Verbandes war Kaplan Dr. Elz, Mainz. Ihm zur Seite standen Graf von Galen, der spätere Weihbischof von Münster, der spätere Bischof von Mainz, Dr. Haffner, und die Freiherren von Loe und Schorlemer-Alst.